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Chiropraktik –
Arbeit mit den Händen

Der Begriff Chiropraktik wurde aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet „mit der Hand behandeln“. Laut Definition der WORLD FEDERATION OF CHIROPRACTIC (WFC) ist die Chiropraktik ein Gesundheitsberuf, der die Diagnose, Behandlung und Prävention mechanisch bedingter Störungen des Muskel-Skelett-Systems sowie der Auswirkungen dieser Störungen auf das Nervensystem und die allgemeine Gesundheit zur Aufgabe hat.

Im Jahre 1895 wurde die Chiropraktik als eigenständiger Heilberuf durch Daniel David Palmer in Davenport (USA) begründet. In der westlichen Welt ist die Chiropraktik heute nach der Schul- und Zahnmedizin der drittgrößte Heilberuf. Ihre Effektivität ist durch zahllose Studien wissenschaftlich nachgewiesen.

Welche Krankheiten behandelt der Chiropraktor?

Studien in Europa, Nord Amerika und Australien berichten, dass 80 % aller Patienten wegen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule (Hals-, Brust- oder Lendenwirbelsäule mit oder ohne Ausstrahlungen in Arme und Beine) in Behandlung sind. Grundsätzlich können Menschen jeden Alters behandelt werden.

Behandelt werden können zum Beispiel

  • Nackenschmerzen
  • Muskelverspannungen im Schulter-, Halsbereich
  • Folgezustände von Distorsionen der Halswirbelsäule (Schleudertrauma)
  • Schmerzen im Bereich der Rippen (Intercostalneuralgien)
  • Ischialgien
  • Lumbago (Hexenschuss)
  • Bestimmte Formen von Bandscheibenproblemen

10% der Patienten befinden sich wegen Kopfschmerzen und/oder Migräne in Behandlung. Weitere 10 % gehen zum Chiropraktor wegen verschiedener anderer Beschwerden, die, scheinbar organischen Ursprungs, ihre wahre Ursache in einer funktionellen Störung von Wirbelsäulengelenken haben, wie zum Beispiel: Pseudoangina pectoris, bestimmte Formen von Tinnitus, Schwindel, primäre Dysmenorrhoe (Menstruationsbeschwerden), die sogenannten Drei-Monatskoliken von Säuglingen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Schwerpunkt chiropraktischer Tätigkeit nicht so sehr auf der Behandlung einzelner Symptome liegt, sondern auf der Wiederherstellung beziehungsweise der Verbesserung der Integrität des Nerven-Muskel-Skelettsystems.

Weitere Informationen zum Thema

Die Therapie eines Patienten ist immer ein individuelles und auf die jeweiligen Beschwerden zugeschnittenes Vorgehen. Zu Beginn einer jeden Behandlung steht daher ein umfassendes Patientengespräch, welches dazu dient, die Behandlung möglichst zielführend umzusetzen.

Wie behandelt der Chiropraktor?

Vor Beginn der Behandlung wird die Krankengeschichte (Anamnese) aufgenommen, wobei nicht nur nach den gegenwärtigen Beschwerden, sondern auch nach früheren Krankheiten, Operationen und Unfällen gefragt wird. Auf die Anamnese folgt die körperliche Untersuchung, um eine Diagnose stellen zu können. Häufig sind zur Sicherung der Diagnose Röntgenaufnahmen erforderlich. Ist der Chiropraktor nach Abschluss der Untersuchung der Meinung, dass der Fall in seinen Kompetenzbereich fällt, wird die weitere Vorgehensweise mit dem Patienten besprochen. Sollte der Chiropraktor nicht oder nur teilweise zuständig sein, wird der Patient an den jeweils zuständigen Spezialisten überwiesen.

Kernstück der chiropraktischen Tätigkeit ist die gezielte manuelle Justierung blockierter Gelenke (engl.: adjustment). Hierbei wird das betreffende Gelenk in einer bestimmten Richtung in Vorspannung gebracht und mit einem schnellen Impuls von sehr geringer Amplitude leicht über seine momentane Bewegungsgrenze hinaus bewegt, ohne seine anatomische Grenzen zu überschreiten. Dies kann mit einem hörbaren, aber schmerzfreien und völlig ungefährlichen Knacken verbunden sein, das durch das Kollabieren von Gasblasen im Gelenkspalt hervorgerufen wird. Die beteiligten Strukturen des Gelenkes werden bei dieser Prozedur nicht verschoben. Es wird also nicht „eingerenkt“, weshalb es auch nicht zu einem Ausleiern oder Überdehnen des Bandapparates kommt.

Welche Komplikationen können auftreten?

Durch einen qualifizierten Chiropraktor ausgeführt, bietet die Chiropraktik eine ausgesprochen risikoarme Behandlungsmöglichkeit von Erkrankungen biomechanischen Ursprungs. Wird die Muskulatur behandelt, können einige Stunden bis Tage später muskuläre Schmerzen auftreten, die, besonders wenn sie mit Eis behandelt werden, schnell verschwinden und völlig ungefährlich sind. Werden Gelenke an Armen und Beinen chiropraktisch behandelt, sind keine Komplikationen bekannt. Auch die chiropraktische Behandlung der Wirbelsäule ist eine vergleichsweise sehr risikoarme Behandlung. Gewisse Risiken lassen sich jedoch auch bei kunstgerechter Anwendung nicht völlig ausschließen.

So kann es z.B. bei schon bestehenden Bandscheibenvorwölbungen oder einem bis dahin nicht bekannten Bandscheibenvorfall in seltenen Fällen zu einer Nervenwurzelschädigung mit Schmerzausstrahlung, Gefühlsstörungen, oder, noch seltener, zu Lähmungserscheinungen im Bereich der Arme oder Beine kommen. Das könnte in einem solchen Fall jedoch auch durch alltägliches Verhalten wie z.B. Niesen, Bücken, oder das Anheben einer Last ausgelöst werden. Tritt ein solches Ereignis tatsächlich ein, kann eine stationäre Behandlung und gegebenenfalls eine Bandscheibenoperation notwendig werden. Noch wesentlich seltener kann es bei Manipulationen der Halswirbelsäule zu einer Schädigung der Halswirbelsäulenschlagader kommen. Hierbei handelt es sich um eine gefährliche Komplikation, die eine sofortige Versorgung im Krankenhaus erfordert. Eine amerikanische Studie legt den Schluss nahe, dass es sich bei diesen sehr seltenen Fällen um Menschen handelt, die veranlagungsbedingt ein anfälligeres Bindegewebe haben. Bei diesen Patienten könnte also auch normales Alltagsverhalten, wie das Drehen des Kopfes beim Rückwärtsfahren, zu einer solchen Komplikation führen.

Die Ausbildung des Chiropraktors

Aus dem zuvor Gesagten ist leicht zu verstehen, dass ein Chiropraktor eine sehr qualifizierte Ausbildung benötigt und über viel Erfahrung verfügen muss, um seine Patienten sicher und effektiv behandeln zu können. Kurse von wenigen Tagen oder Wochen können allenfalls einen kleinen Einblick in einige technische Aspekte der Arbeit vermitteln. Ausreichende Kenntnisse, um den Beruf des Chiropraktors auszuüben, können so keinesfalls erworben werden. Die Ausbildung von Chiropraktoren erfolgt weltweit nach einheitlichen Standards, deren Einhaltung von unabhängigen Gremien regelmäßig überprüft wird. In Deutschland ist bisher noch keine international anerkannte Ausbildung möglich. Anerkannte Colleges gibt es u.a. in den USA, Kanada, Australien, Südafrika, Großbritannien, Dänemark, Frankreich. Meist handelt es sich um private Hochschulen, von denen einige mit staatlichen Universitäten verbunden sind. Voraussetzung für die Zulassung deutscher Bewerber ist in der Regel das Abitur. Vor Aufnahme des eigentlichen Studiums müssen manchmal noch ein bis zwei Semester „undergraduate studies“ absolviert werden. Dies ist von den jeweiligen Zugangsbestimmungen der Hochschulen abhängig. So fordern manche Hochschulen bestimmte Kenntnisse in Psychologie, Anatomie etc. schon vor Aufnahme des eigentlichen Studiums. Je nach Hochschule dauert das Studium 4-7 Jahre. Im Grundstudium sind die Inhalte denen des Humanmedizinstudiums sehr ähnlich. Von Anfang an jedoch erfolgt eine Spezialisierung auf den Bewegungsapparat. In den USA und Kanada erhält der erfolgreiche Absolvent den professionellen Grad des „Doctor of Chiropractic“ (D.C.), in Großbritannien wird der Titel „Bachelor of Science“ (BSc) bzw. „Master of Science“ (MSc) in Chiropractic verliehen. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums erfolgt eine mindestens einjährige Assistenzzeit bei einem erfahrenen niedergelassenen Chiropraktor. Erst dann darf ein vom deutschen und den internationalen Fachverbänden anerkannter Chiropraktor eine eigene Praxis eröffnen.

Rechtliche Stellung in Deutschland

Anders als in anderen europäischen Ländern (Großbritannien, Belgien, Schweiz, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland) ist die Chiropraktik in Deutschland nicht als eigenständiger Heilberuf anerkannt. Aus diesem Grund müssen auch graduierte Chiropraktoren hierzulande nach dem Heilpraktikergesetz zugelassen sein, da nur Heilpraktikern und Ärzten die Anwendung chiropraktischer Behandlungsmethoden erlaubt ist. Die Behandlungskosten werden von den meisten privaten Krankenkassen sowie den staatlichen Beihilfestellen übernommen. Gesetzlich versicherte Patienten sind Selbstzahler, wobei verschiedene Krankenkassen die Behandlung bezuschussen. Sprechen Sie uns gerne an für nähere Informationen.

Graduierte Chiropraktoren erkennt man an ihren Hochschulabschlüssen (D.C., BSc oder MSc). In der Regel ist auf den Praxisschildern und Visitenkarten auch die jeweilige Hochschule angegeben. Die in Deutschland arbeitenden Chiropraktoren haben sich in der „Deutschen Chiropraktik Gesellschaft“ (www.chiropraktik.de) zusammengeschlossen. Diese vertritt den Berufsstand nach außen sowie in allen wichtigen internationalen chiropraktischen Organisationen, wie z.B. der European Chiropractors´ Union (ECU) und der World Federation of Chiropractic (WFC), die auch offizielle Kontakte zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterhält.

Chiropraktik und Kinder

Die Funktion jeder Zelle und jedes Organs des Körpers wird vom Nervensystem kontrolliert. Geschützt wird das zentrale Nervensystem durch den Schädel und die Wirbelsäule. Kommt es durch Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und des Schädels zur Beeinträchtigung der Nervenfunktion, ist die reibungslose Informationsverarbeitung innerhalb des Nervensystems behindert. Dies kann zu vielerlei Funktionsstörungen und Beschwerden führen. Nachstehend sind einige mögliche Folgen dieser Funktionsstörungen aufgeführt. Bis zum Alter von 3 Jahren hatten über 2 Drittel aller Kinder wenigstens einmal eine Mittelohrentzündung. 33% dieser Kinder haben sogar drei oder mehr Episoden (in den USA).
Studien zeigen den Zusammenhang von Mittelohrentzündungen und dem Muskel-Skelett System. Insbesondere zwei Studien belegen die sehr guten Erfolge durch die chiropraktische Behandlung der betroffenen Kinder. Zum einen trat bei 93% dieser Kinder eine Besserung ein, wobei in knapp der Hälfte der Fälle die Besserung schon nach 1-2 Behandlungen begonnen hat. Zum anderen traten bei ca. 80% der Kinder innerhalb der ersten 6 Monate nach der Behandlung keine weiteren Mittelohrentzündungen mehr auf.
Auch das Anglo-European College of Chiropractic in Bournemouth, England (AECC) hat zu dem Thema Chiropraktik und Kinder mehrere Studien durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass bei den bis zu 3-jährigen Kindern am häufigsten wegen sogenannter 3-Monats-Koliken behandelt wurde. Meist konnte bereits nach 1-2 Behandlungen eine Verbesserung erzielt werden. Eine Mehrzahl anderer Studien bestärken diese Resultate (Klougart et al. 1989; Wiburg et al. 1999; Mercer et al. 1999; Leach 2002). Bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 16 Jahren scheinen hauptsächlich Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und Nackenschmerzen die häufigsten Probleme zu sein.
Eine weitere mögliche Folge von unbehandelten Störungen im Muskel-Skelett-System im Kindesalter ist das sogenannte KiSS-Syndrom. Geprägt wurde dieser Begriff durch Dr. Heiner Biedermann (Dortmund). KiSS steht für Kopfgelenk-induzierte-Symmetrie-Störung. Das Kopfgelenk wird durch den ersten Halswirbel (C 1 oder Atlas), den 2. Halswirbel (C2 oder Axis) und der Schädelbasis zusammen mit den Weichgeweben (Muskeln, Bänder, etc.) gebildet.

Folgende Anzeichen deuten auf ein KiSS-Syndrom hin:
  • Das Kind bevorzugt eine Seite
  • Einseitige Stillschwierigkeiten
  • Asymmetrische Haarabriebstellen
  • Schiefhals / Durchbiegung der Wirbelsäule (C-Haltung)
  • Gesichts-/ Kopfasymmetrie (schiefe Gesichter/Schädel)
  • Asymmetrische Benutzung der Extremitäten (Arme und Beine)
Mögliche Ursachen für ein KiSS-Syndrom können sein:
  • Lange und erschwerte Geburten, z.B. Saugglocken-/Zangengeburten, Kaiserschnitte
  • Schieflagen im Mutterleib/Steißlage/Beckenendlage

Die genannten Ursachen können die Funktion der noch zarten Kopfgelenke beeinflussen und es kommt zur Asymmetrie. Behandelt wird bei Säuglingen und Kindern mit einer dafür speziell angepassten Methode. Es erfolgt eine Analyse der Stellung und des Zusammenwirkens der oberen Halswirbel durch Beobachtung und vorsichtiges Abtasten der Region (statisches Abtasten und bei Bewegung, z.B. des Kopfes). Meist wird eine sanfte Impulstechnik benutzt, die keinesfalls mit dem landläufig bekannten „Einrenken“ zu vergleichen ist!
Die Behandlung besteht in vielen Fällen aus einem ganz geringen Impuls (kurzem sanften Druck) an den seitlichen Kopfgelenken (Palmer Upper Cervical Technique = Toggle Recoil= HIO)
Bleibt ein KiSS-Syndrom im Säuglingsalter unbehandelt, kann es zur Entwicklung eines KiDD Syndroms kommen. KiDD steht für Kopfgelenk-induzierte-Dyspraxie/Dysgnosie. (Dyspraxie: Störung der sequentiellen Anordnung von Einzelbewegungen; Dysgnosie: Störung des Formerkennungsvermögens). In der Regel wachsen sich die Funktionsstörungen des Kopfgelenkes nicht aus, sondern potenzieren sich. Das heißt, dass bei Kindern jenseits des Säuglingsalters und bei Erwachsenen nicht mehr nur die Atlas-Axis-Region betroffen ist, sondern meist auch noch das Becken.

Das KiDD-Syndrom äußert sich u. a. durch:
  • Kopfschmerzen
  • Migräne
  • Wahrnehmungsstörungen
  • Haltungsschwächen
  • Gestörte soziale Integration
  • Bewegungseinschränkungen
  • Emotionsstörungen
  • Koordinationsschwierigkeiten
  • Schreib- und Leseschwierigkeiten
  • Motorische Defizite
  • Lern-und Konzentrationsstörungen
Aufgrund dieser Symptome ist zu erkennen, dass es sich bei „ ADS“ Kindern auch um verkannte „KiDD-Kinder“ handeln könnte. Das unbehandelte KiSS/KiDD-Syndrom kann auch im Erwachsenenalter einige Beeinträchtigungen nach sich ziehen, z. B.:

  • HWS-Beschwerden
  • Chronische Rückenschmerzen
  • Bandscheibenvorfall
  • Ohrgeräusche
  • Gleichgewichtsstörungen/Schwindel